Am Anfang stand die Erkenntnis: Wir müssen und wir wollen es anders machen – und zwar die Organisation der Pflege im Caritas SeniorenHaus Mandelbachtal. Der Startschuss fiel im Januar 2025 bei einer KickOff-Veranstaltung gemeinsam mit Nicole Böldt von der Beratungsfirma „Umbruch Pflege“, die den gesamten Prozess bis zur Einführung der neuen Tourenplanung im Juni und Juli begleitete – und bis 2026 beratend zur Seite steht. Ihr Versprechen – und damit das Ziel: „Weniger Ausfälle, weniger Stress, mehr Struktur: Wir helfen Ihnen, Pflegealltag neu zu denken – mit klaren Abläufen, einer passenden Tourenplanung und einem Ausfallmanagement, das wirklich funktioniert.“ Das Mittel: eine „kompetenzbasierte stationäre Tourenplanung nach PeBeM“ speziell für das Caritas SeniorenHaus Mandelbachtal.
Im Zentrum steht hierbei eine innovative Planung von Pflege- und Betreuungsaufgaben auf den Wohnbereichsebenen. Dabei werden zunächst die Arbeitsabschnitte definiert, die Mitarbeitenden innerhalb einer Schicht durchlaufen, zum Beispiel Bewohner A waschen, Bewohner B mobilisieren. Dass die Planung auch kompetenzbasiert erfolgt, bedeutet, dass die Aufgaben nicht nur nach formaler Qualifikation, sondern nach den tatsächlichen Kompetenzen des Mitarbeitenden verteilt werden. Im Gegensatz zur traditionellen Personalbemessung (die in erster Linie auf Minutenwerte und Pauschalen schaut), berücksichtigt PeBeM also die tatsächlichen Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeitenden sowie den konkreten Unterstützungsbedarf der Pflegebedürftigen.
Zu Beginn gab es folglich erst einmal Analysen der Pflegebedarfe und der Service-Tätigkeiten in den beiden Wohnbereichen – und natürlich auch eine Persönlichkeitsanalyse, um die besonderen Stärken der einzelnen Mitarbeitenden herauszufinden. „Wal, Hai, Delfin oder Eule – die Arbeit mit den vier Menschentypen nach Tobias Beck machte es einfach, seine Stärken und Schwächen zu finden“, sagt Nicole Böldt. „Die Mitarbeitenden – und besonders die beiden Leitungskräfte, Jennifer Gräber und Birgit Scherer, waren wirklich sehr offen und haben sich vorbehaltlos auf die Vorschläge eingelassen und einfach ausprobiert“, ergänzt sie. „Das ist schon etwas Besonderes – das kenne ich aus anderen Häusern nicht unbedingt.“
Die Tourenplanung erfolgt jeden Tag aufs Neue für beide Wohnbereiche gemeinsam, auf einer großen, fahrbaren Magnetwand: Wer versorgt welchen Bewohner womit? Die Planung wird so angepasst, dass Pflegefachkräfte gezielt anspruchsvolle Aufgaben wie Medikamentengabe oder Pflegeplanung übernehmen, Pflegehilfskräfte Aufgaben wie Lagern, Mobilisieren oder Unterstützen bei der Körperpflege erhalten, je nach Kompetenzprofil und Neulinge mit einfachen Aufgaben anfangen und durch gezielte Zuweisungen Kompetenzen aufbauen. So sollen beispielsweise die Helfer in einer Fortbildung lernen, wie man Kompressionsstrümpfe anzieht, erklärt Jennifer Gräber.
Was ist eine Fix-Leistung, die erbracht werden muss? Und was ist eine Flexi-Leistung, die eventuell auf einen späteren Zeitpunkt am Tag oder auf einen anderen Tag verschoben werden kann? Das alles wird gemeinsam besprochen und für diesen Tag bestmöglich organisiert.
Besonders hilfreich ist eine weitere Idee, die speziell in Mandelbachtal entstanden ist und sofort umgesetzt wurde: Es gibt nun Sticker, die auf der Magnetwand zur Tourenplanung direkt neben den Namen der Bewohner platziert werden. Sie verraten, ob er oder sie z.B. ein Hörgerät oder eine Zahnprothese trägt, chronische Wunden hat oder Insulin braucht… „Das wird von allen Mitarbeitenden als sehr hilfreich empfunden – so sieht man auf einen Blick, was der Bewohner oder die Bewohnerin braucht“, sagt Jennifer Gräber.
Auch die Soziale Begleitung stellte sich einer detaillierten Analyse. „Hier gab es am Anfang schon Widerstände“, erinnert sich Hausleiterin Jennifer Gräber, „aber am Ende haben sich alle darauf eingelassen. Aus der Analyse, was die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses wirklich an Angeboten wahrnehmen und wahrnehmen können, sind viele neue Ideen entstanden – auch dazu, wie wir es so organisieren können, dass es am Ende für alle passt.“ Ein Ergebnis ist beispielsweise, dass das aufwendige Kuchen backen und das weniger personalintensive Eis essen im Wechsel auf den beiden Wohnbereichen stattfindet.
„Ich war sehr beeindruckt von der Offenheit aller Mitarbeitenden des Caritas SeniorenHauses Mandelbachtal, von ihrem Engagement und ihrer Bereitschaft, gemeinsam an der kontinuierlichen Verbesserung der Pflegeprozesse zu arbeiten. Dieses Projekt ist ein riesiger Schritt in der kontinuierlichen Verbesserung der Pflegeabläufe“, zieht Nicole Böldt Bilanz.
Einrichtungsleiterin Jennifer Gräber stimmt ihr voll und ganz zu: „Die gemeinsame Tourenplanung für beide Wohnbereiche wirkt sehr positiv in das Team hinein – dadurch sieht jeder direkt, wer was zu tun hat und die Aufgabenverteilung ist viel transparenter. Das Verständnis für die Aufgaben der anderen ist viel größer geworden.“
Der nächste Einsatz für Nicole Böldt in den SeniorenHäusern der cts ist übrigens bereits gestartet: Seit 1. August läuft das Projekt „kompetenzbasierte stationäre Tourenplanung nach PeBeM“ im Alten- und Pflegeheim St. Anna.
Info:
In der stationären Altenpflege steht "PeBeM" für Personalbemessungsverfahren. Es ist ein neues, bundesweit einheitliches Verfahren, das seit dem 1. Juli 2023 die Personalplanung in vollstationären Pflegeeinrichtungen regelt. Ziel ist es, den Personalbedarf transparent und einheitlich zu erfassen, um die Pflegequalität zu verbessern und die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte zu optimieren.