Direkt nach dem Kaffee sammelten wir unsere Schäfchen ein. Nicht jede der Bewohnerin zeigte großes Interesse an der Veranstaltung. Da konnten wir mit Engelszungen reden so viel wir wollten, es blieb beim Nein.
Ganz anders die Damen aus dem Wohnbereich Gräfinthal. Kaum gesagt schon aufgesprungen. Die Freude stand einigen schon ins Gesicht geschrieben. Ich bin der Meinung, man muss alles was geboten wird mitnehmen. Den ganzen Tag nur dumm herumzusitzen und zu allem nur „Ich habe keine Lust“ oder „Ich mag jetzt nicht“ zu sagen, kann es ja auch nicht sein. Und gerade diese beschweren sich bei uns „Es ist ja sooo langweilig.“
Nachdem alle Tanzwilligen sich’s gemütlich gemacht hatten, konnte die Veranstaltung beginnen. Andreas kam mit Ehefrau in bayrischer Tracht, obwohl wir ja eigentlich kein Oktoberfest feiern wollten. Kollegin Michaela und Natascha waren zum Tanzen eingeteilt und freuten sich schon auf den Nachmittag. Ich hielt mich vornehm zurück, tanzen ist so gar nichts für mich. Aber da ich für die Fotos zuständig war schaute ich vorbei.
Nanu, das waren doch nicht alle Bewohner die Spaß am Tanzen hatten. Meine Kolleginnen meinten, dass die anderen einfach keine Lust hätten. Das kann ja jetzt nicht sein, wo wir uns doch so viel Mühe gemacht hatten. Ich bin dann nochmals durchs Haus gelaufen und nach dem Rest zu schauen. Und siehe da, ich wurde fündig. Da standen noch zwei Damen im Rollstuhl „herum“ von denen ich weiß, die hören gerne Musik und freuen sich am Geschehen. Und der Herr da hinten, den könnte man ja auch gleich mitnehmen. Bei einem anderen Bewohner war ich mir nicht so sicher. Aber einen Versuch konnte ich ja wagen. Ich hatte dann nur zu meinen Pflegekolleginnen gemeint, dass ich ihn auch zum Tanzen mitnehmen würde.
Nachdem ein Teil der Herrschaften unten waren, ich gebe es zu, einen der Herren hatte ich völlig vergessen, kam meine Kollegin mit dem „vergessenen“ Herrn dazu und meinte: Stell dir vor, unser Herr Selbert hat schon am Aufzug gewartet.
Jetzt konnte es richtig losgehen. Andreas nebst Frau und meinen Kolleginnen schnappten sich einen Tanzwilligen nach dem anderen und ich kam zu meinen Fotos.
Zwei unserer Herren von denen wir es nicht für möglich gehalten hatten, überraschten uns mit ihren Tanzeinlagen. Herr Käppner war ja nicht zu bremsen und schnappte sich nicht nur mich, sondern auch noch andere Damen und die Post ging ab. Wir mussten ihn immer wieder zu einem Päuschen überreden, sonst hätte er den Nachmittag durchgetanzt. Auch unserem Herr Selbert schien der Trubel zu gefallen. Er war zwar nicht so sicher auf den Beinen, aber das hielt ihn nicht davon ab, mit mir im Rhythmus der Musik zu schunkeln. Dabei strahlte er übers ganze Gesicht.
Frau Grundhever, normalerweise auch im Rollstuhl sitzend, wurde von Michaela zum Tanzen aufgefordert. Auch wenn es mit dem Gehen nicht mehr so klappte, aber beim Tanzen waren die kleinen Schwächen vergessen. Sie absolvierte gleich mehrere Tänze hintereinander.
Alle die, die kein Tanzbein schwingen wollten, für die gab es genügend zu erzählen und zu schauen. So langsam ging auch dem hartgesottensten Tänzer die Puste aus und langsam brachten wir die Damen und Herren wieder in ihre Wohnbereiche. So ging ein höchst vergnüglicher Nachmittag zu Ende.
Andreas nebst Ehefrau, Michaela, Natascha und ich ließen den Nachmittag mit einem verdienten Gläschen Sekt ausklingen. Es gab noch so einiges zu erzählen, über unsere tollen Tänzerinnen und Tänzer.
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